lyrik für die hosentasche
ein wort schenken
und damit ein gedicht
atempause
plastik aus ton
die liebende - rainer maria rilke
das ist mein fenster.
eben bin ich sanft erwacht.
ich dachte, ich würde schweben.
bis wohin reicht mein leben,
und wo beginnt die nacht?
ich könnte meinen, alles
wäre noch ich ringsum;
durchsichtig wie eines kristalls tiefe
verdunkelt, stumm.
ich könnte auch noch die sterne
fassen in mir; so groß
scheint mir mein herz,
so gerne ließ es ihn wieder los
den ich vielleicht zu lieben,
vielleicht zu halten begann.
fremd, wie niebeschrieben
sieht mich mein schicksal an.
was bin ich unter diese unendlichkeit gelegt,
duftend wie eine wiese
hin und her bewegt,
rufend zugleich und bange,
dass einer den ruf vernimmt,
und zum untergange
in meinen adern bestimmt.
vor lauter lauschen und staunen sei still - rainer maria rilke
vor lauter lauschen und staunen sei stil,
du mein tieftiefes leben;
dass du weißt, was der wind dir will,
eh´noch die birken beben.
und wenn dir einmal das schweigen brach,
lass deine sinne besiegen.
jedem hauche gib dich, gib nach,
er wird dich lieben und wiegen.
und dann meine seele sei weit, sei weit,
dass dir das leben gelinge,
breite dich wie ein feierkleid
über die sinnenden dinge.
oh leben leben, wunderliche zeit - rainer maria rilke
oh leben leben, wunderliche zeit
von widerspruch zu widerspruche reichend
im gange oft so schwer so schleichend
und dann auf einmal, mit unsäglich weit
entspannten flügeln, einem engel gleichend:
oh unerklärlichste, oh lebenszeit.
von allen großgewagten extistenzen
kann eine glühender und kühner sein?
wir stehen und stemmen uns an unsre grenzen
und reißen ein unkenntliches herein
dass du bist genügt - rainer maria rilke
dass du bist genügt.
ob ich nun wäre,
lass es zwischen uns in schwebe sein.
wirklichkeit ist wahr in ihrer sphäre;
schließlich schließt das ganz imaginäre
alle stufen der verwandlung ein.
nirgends geliebte - rainer maria rilke
nirgends geliebte, wird welt sein,
als innen.
unser leben geht hin mit verwandlung.
und immer geringer
schwindet das außen.
du musst das leben nicht verstehen - rainer maria rilke
du musst das leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein fest.
und lass dir jeden tag geschehen
so wie ein kind im weitergehen
von jedem wehen
sich viele blüten schenken lässt.
sie aufzuheben und zu sparen,
das kommt dem kind nicht in den sinn.
es löst sie leise aus den haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen jahren
nach neuen seine hände hin.